Freitag, 25. November 2011

Meine Mutter

“Nun weiß und glaub ichs feste ich rühms auch ohne Scheu, dass Gott der Höchst‘ und Beste
mein Freund und Vater sei.“ Bei dieser Strophe sollten aber nur die mitsingen, die auch wirklich an Jesus glauben. Über diese „Ausgrenzung“ ärgerte sich die junge Frau. Glaubte der Pastor denn, er könnte ihr verbieten, was sie singen dürfte und was nicht? Dass sie selbst eine gläubige Christin sei, dass konnte sie nicht sagen. Ihre Eltern gingen zwar regelmäßig zur Kirche und waren auch überzeugt von dem, was sie glaubten. Sie selbst aber hatte manche Leute kennengelernt, bei denen der Glaube nur oberflächlich war. Das hatte sie abgeschreckt. Als dann die Nationalsozialisten an die Öffentlichkeit kamen, war sie begeistert. Die Fahnen und die flotten Lieder begeisterten sie. „Heute gehört uns Deutschland, und morgen die ganze Welt!“ Das konnte sie von Herzen mitsingen.
Umso größer war dann die Enttäuschung, als sich herausstellte, dass alles Lug und Trug gewesen war. Als 1945 alle Illusionen wie Seifenblasen platzten, als die Friedensglocken läuteten und einen verlorenen Krieg bezeugten, da fühlte sie sich verraten. Es war der Zeitpunkt an dem viele junge Leute sich in Evangelisationen und christliche Versammlungen einladen ließen. Die junge Frau wußte klar : ich bin kein Christ. Und eigentlich wäre es ja konsequent gewesen, ein Lied, das so fest den Glauben an „Gott, den Höchst‘ und Besten“, der „mein Freund und Vater“ ist bekennt, nicht mitzusingen. Aber „das lasse ich mir doch nicht verbieten!“ dachte sie und sang es trotzdem. Und während des Singens merkte sie : „das stimmt ja! Gott ist auf meiner Seite. Gott ist mein Freund und Vater!“
So begann der Glaube meiner Mutter. Im Jugendkreis der Freien evangelischen Gemeinde lernte sie meinen Vater kennen. 1947 heiratete sie meinen Vater. Den beiden wurden sieben Kinder geschenkt. Ich bin der Älteste. Meine Mutter hat mir schon früh die biblischen Geschichten erzählt und mich beten gelehrt. Von Ihr habe ich auch die Freude am Singen, besonders in der Adventszeit. Wir hatten eine frohe Kindheit. Später als mein Vater gestorben war und ich mit meiner Frau als Missonare nach Japan ausreisten, hat sie uns ziehen lassen. Bis vor ungefähr zwei Wochen standen wir in E-Mail Kontakt. Am 24. November ist sie verstorben. Sie war bereit und ist jetzt bei ihrem Herrn. Ich bin Gott von Herzen dankbar für meine Mutter.
Sie hatte Licht-und Schattenseiten(wie jeder Mensch). Über Wachstum im Glauben sagte sie einmal : Je älter ich werde, desto mehr erkenne ich meine Fehler. Umso mehr muss ich staunen über die unendliche Gnade Gottes, der mich trotzdem liebhat.

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